Instandsetzung eines Kalkhoff Damenfahrrads

Es begann, wie solche Aktionen immer beginnen... "Da steht doch so ein altes Fahrrad in der Garage und immer zu Fuß in die Stadt oder immer extra das Auto bemühen... ist das Fahrrad eigentlich noch fahrtauglich?" 
Es wäre fahrtauglich gewesen, aber.. aber ich kam auf die Idee, nicht nur die Reifen aufzupumpen, sondern auch mal schnell mit dem Lappen über das Rad zu wischen. Damit fing es an. Dann begannen die Finger schneller zu arbeiten, als ich denken konnte und so wurden die Schutzbleche abmontiert. Dies schien notwendig, da der Schmutz der 30er, oder 40er Jahre, oder... wie alt ist das Ding überhaupt?

Ich mache es kurz.

Erste Schritte

Zwei Stunden nach dem ersten Wischen mit einem Lappen, lag das Fahrrad in Einzelteilen vor mir. Die Schutzbleche waren vom Schmutz befreit, das Radskelett war umgeben von Lappen, Werkzeugen, Polituren und seinen demontierten Einzelteilen. Jetzt entschied ich mich dafür, einige der Teile in häuslicher Kleinarbeit aufzuarbeiten. Erst einmal die einfachen Dinge: Schrauben, Bolzen, Halterungen etc.. Und natürlich den Sattel und die Felgen.
Hier erst einmal ein Bild, welches kleine aber zahlreiche Erfolge wiederspiegelt. Die Gegenstände auf der linken Seite sind bearbeitet und werden so gelassen, die Schutzblechhalter werden mit Klarlack versiegelt, die Teile rechts müssen noch mit Drahtbürste bearbeitet werden.
Kalkhoff Damenfahrrad Instandsetzung / Restaurierung - Anbauteile: Dynamo, Satteltasche, Stempelbremse etc.

Der Sattel ist eine kleine Überraschung, da er die gesamte Zeit unter einer schmucken 60er Jahre Plastikschutzhaube geschützt war. Ein Glück für das Leder, welches in hervorragendem Zustand ist. Die Satteltasche besteht aus Pressleder und sieht jetzt schon wieder ansehnlich an, dürfte aber für immer und ewig ein Pflegefall sein. Das Hauptproblem liegt hier allerdings bei den Metallteilen. Sowohl die Federn, als auch die unmittelbar für die Befestigung am Rahmen benötigten Teile sind verrostet. Der Haupträger unter dem Sattel selber sogar ganz erheblich. Hier werde ich mich, um den optischen Zustand zu verbessern, aber auch um das Metall im Falle einer häufigeren Nutzung vor weiteren Schäden zu schützen, für eine Lackierung mindestens mit Klarlack, gegebenenfalls sogar mit Silberlack entscheiden. Sicherlich ein Verstoß für eine Restaurierung, für eine Instandsetzung aber vertretbar.


Kalkhoff Damenfahrrad Instandsetzung / Restaurierung - Anbauteile: Weleda Fahrradsattel - Bestandteile Kalkhoff Damenfahrrad Instandsetzung / Restaurierung - Anbauteile: Weleda Fahrradsattel - Bestandteile seitliche Ansicht Kalkhoff Damenfahrrad Instandsetzung / Restaurierung - Anbauteile: Weleda Fahrradsattel - Federn


Die Felgen sind ein interessantes Problem. Diese sind schwarz lackiert, der Lack ist etwas matt, kann aber durch einfache Pflegepolitur in einen hervorragenden Zustand versetzt werden. Desweiteren wurden goldene Streifen aufgebracht und in der Mitte ein weißer Streifen, der unregelmäßig durch schwarze "Tönungen" unterbrochen ist und so marmoriert wirkt. Beim Putzen, hier reicht der Fingernagel oder eine Zahnbürste löst sich insbesondere beim Vorderrad die schwarze Marmorierung sehr leicht. Aufgrund der Schäden, die bereits beim lauwarmen Abwaschen aufgetreten sind, habe ich die nicht mehr zu rettenden Stellen mit Propanol endgültig von der Marmorierung befreit und werde diese mit Vallejo Acrylfarben und unter Verwendung des Airbrushs neu gestalten. Erste Testversuche mit dem Pinsel ähnelten dem Original doch sehr.


Kalkhoff Damenfahrrad Instandsetzung / Restaurierung - Felgen mit Marmorierung, hier beschädigtKalkhoff Damenfahrrad Instandsetzung / Restaurierung - Felgen mit Marmorierung, hier entfernt

Erste Lackierversuche

Nachdem sich große Teile der Verzierung / Marmorierung am Vorderrad gelöst hatten, setzte ich meinen Airbrush in Gang, klebte den weißen Bereich ab und mischte aus Vallejo Black, Vallejo Matte Varnish und Vallejo Thinner einer stark verdünnte, schwarze Brühe, die ich auf den weißen Mittelstreifen aufbrachte, die Verlaufseffekte konnte ich allerdings nur mithilfe einer scharfen Lackierschablone und Pinsel nachahmen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Den Puristen sei versichert, dass die eingesetzten Farben nur auf Acrylbasis sind und sich somit sehr leicht wieder entfernen lassen. Dies war mir im Hinblick auf Originalität wichtig. Es entstand somit kein zusätzlicher Schaden.

Kalkhoff Damenfahrrad Instandsetzung / Restaurierung - Felgen mit Marmorierung, hier neu mit Airbrush aufgebracht

Recherche

Schon beim Herausholen aus der Garage - Operation Dornröschen - kam mir die Frage, wie alt dieses Fahrrad wohl sei? Aufgrund der Lackierung, der verwendete Materialien und auch der gesamten Optik tippte ich auf Vorkriegszeit.
Trotz intensiven Suchens im Internet konnte ich keine Hinweise oder Bilder finden, die ein ähnliches Fahrrad zeigten.
Erst ein Blick auf die von Schmutz befreite Hinterachse, die auch die Torpedoschaltung beherbergt, gab Hinweise auf ein mögliches Alter. Die Schaltung trägt den Hinweis FS - Torpedo - 515. Nach kurzer Suche im Internet fand ich heraus, dass diese Schaltung seit den späten Fünfzigern eingebaut wurde, wobei der verwendete rote Gangschalter auf einen frühestmöglichen Einbau im Jahre 1962 schließen lässt. Das deckt sich aber nicht mit dem Gesamteindruck.
Beim Reinigen der Felgen fiel mir auf, dass die Speichen der hinteren Felge frischer wirkten, der Chrom war weitaus weniger angegriffen, auch der Lack war weitaus weniger angegriffen. Das Vorderrad hingegen, auch wenn es dieselbe Lackierung aufweist, hat matte, unverchromte (?) Speichen und Messing-Speichenschrauben. Das Hinterrad hat hier ebenfalls ein anderes Material.
Es scheint so, als ob die Schaltung nachträglich mit neuen Speichen in das alte Fahrrad, sprich die alte Felge, eingebaut wurde. Aber dies ist nur eine Vermutung.

Kalkhoff Damenfahrrad Instandsetzung / Restaurierung - Kalkhoff Typenschild Kalkhoff Damenfahrrad Instandsetzung / Restaurierung - Rahmen mit Gabel, Lenker und Pedale

Kalkhoff Damenfahrrad Instandsetzung / Restaurierung - Ständer Kalkhoff Damenfahrrad Instandsetzung / Restaurierung - Pletscherplatte

Mittlerweile erhielt ich auf meine Anfragen beim Deutschen Fahrradmuseum und bei Fahrradsammler.de mehr oder minder die gleichen Angaben zum Alter meines Fahrrades. Es handelt sich tatsächlich um ein Fahrrad aus den späten 50er Jahren, in Anbetracht der Gangschaltung und Nachfragen bei meiner Verwandschaft deutet alles auf das Jahr 1962 hin. Auch wenn Fahrräder dieser Produktionsjahre nicht als rar und somit als unbedingt restaurationsbedürftig betrachtet werden dürften, halte ich an meinem Entschluss zur Instandsetzung fest.

Der Gepäckträger

Im Juni 2015 wollte ich bereits auf dem Fahrrad sitzen, aber weit gefehlt. Die gesamte Zeit lag der Gepäckträger bei mir in der Wohnung und zeigte seine Narben. Nicht nur, dass das Fahrrad wohl im Laufe seiner kurzen Nutzung öfters auf den Träger gefallen sein muss, die lange Zeit im feuchten Nebenbau hat die freiliegenden Stellen zusätzlich mit Rost verziert. 
Der Gepäckträger wurde also abgeschliffen, wobei die Federn belassen wurden, das Ganze wurde mit OBI-Haftgrund grundiert und anschließend... ja, was nimmt man denn da? Ich hatte bei der Instandsetzung meines Modellbootes Marina sehrt gute Erfahrung gemacht mit DupliColor RAL Acryl, allerdings kann ich es nirgendswo in meiner näheren Umgebung kaufen und eine Bestellung im Internet kam aufgrund der hohen P&P-Kosten nicht in Frage. Der am nächsten gelegene OBI-Baumarkt bietet das eigene Farbprogramm an, allerdings gelang es mir bei diesen Farben nie ausreichend Glanz reinzubringen. In der Kfz-Abteilung sind ebenfalls DupliColor zu finden. Hier zum einen die AutoColor Kombi-Lacke und die Aerosol-Art. Ich entschied mich für Aerosol-Art. Zum einen sind diese Lacke preislich interessant, zum anderen sind sie schnelltrocknend und scheinen aufgrund der zu lackierenden Stangen und Federn besser geeignet zu sein. 

Der neu lackierte Gepäckträger des Kalkhoff Damenrades

Das Lackieren ging schnell von der Hand, es entstanden nur zwei Nasen, die aber schnell behoben waren. Allerdings zeigte sich gerade aufgrund der schnellen Trocknung Probleme beim Glanz. Hier muss satt lackiert werden und die bereits lackierten Stellen vom Sprühnebel abgewandt sein, um Glanz zu erhalten. Angeblich ist der Lack polierfähig und somit sind die einzigen zwei Stellen, die Probleme bereiten, wahrscheinlich auch bald glänzend.